Polyzentrizität: Viele Akteure, viele Ebenen

Bildquelle: Adobe Stock
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Das Energiesystem hat sich über viele Jahrzehnte hin zu einem zentral gesteuerten System entwickelt. Mit dem verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien, insbesondere kleinerer Anlagen zur Stromerzeugung, verändert sich das Energiesystem: es wird dezentraler. Die Steuerung erfolgt nicht nur von einer zentralen Instanz aus, z.B. einer nationalen Regierung oder der Europäischen Union, sondern auf verschiedenen Ebenen. Gibt es mehrere steuernde Autoritäten auf unterschiedlichen Ebenen, die unabhängig voneinander Normen und Regeln innerhalb eines festgelegten Rahmens setzen können, spricht man von „Polyzentrizität“.

Chance für eine schnellere und nachhaltigere Transformation

Die Organisation und Steuerung der vielen Akteure auf verteilten Ebenen bietet bei der Transformation des Energiesystems verschiedene Chancen. So können lokale Akteure, wie Kommunen oder Energiegemeinschaften, eigenständig und selbstorganisiert handeln. Das erhöht die Motivation und Akzeptanz bei den Akteuren, ermöglicht aber auch, auf lokale Begebenheiten im Stromnetz oder der Flächenverfügbarkeit einzugehen und diese in der Umsetzung zu berücksichtigen. Auf diese Weise entstehen Lösungen, die resilient, d. h. widerstandsfähiger sind und schneller umgesetzt werden können. Denn anders als im zentralen System müssen nicht alle Entscheidungen und Steuerungsimpulse von „oben“ kommen. Stattdessen werden nur grundsätzliche Regeln und Normen vorgegeben, die ein unkoordiniertes Neben- und Gegeneinander verhindern.

 

Selbstorganisation braucht Handlungsräume

Um so ein selbstorganisiertes System umzusetzen, müssen insbesondere die kleineren Akteure vor Ort jedoch befähigt werden: Sie benötigen einen rechtlichen Rahmen, der ihnen Handlungsspielräume gibt. Und sie brauchen Finanzierungsinstrumente, mit denen sie die Erneuerbare-Energien-Anlagen oder Netze so betreiben können, dass sie auskömmliche Einnahmen erzielen. In den letzten Jahren hat sich durch die Änderungen in den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Komplexität für die lokalen Akteure erhöht. Die Digitalisierung kann hier einen Beitrag leisten und die Komplexität z. B. durch geeignete Automatisierungen, Datenaustausche oder Visualisierungswerkzeuge verringern.